Glaubt man gängigen vertragstheoretischen Darstellungen, so kennt unsere Rechtswirklichkeit kaum einen anderen Vertragstyp als den des Kaufs – mit für unser Vertragsverständnis oft verhängnisvollen Folgen. Denn viele Probleme werden erst dann deutlich, wenn wir uns auch ganz anderen Rechtsgeschäften zuwenden. Die Schenkung – ein praktisch durchaus bedeutsames Phänomen – gehört dazu. Wann immer wir etwa ein substanzielles Kriterium für notwendig erachten, sei es ergänzend oder für eine Richtigkeitsgewähr, versagen insbesondere Äquivalenz und consideration. Genauso ist es durchaus schwer, die Schenkung subsumtionsfähig von einer Drohung abzugrenzen – gerade aus Sicht prozeduraler Ansätze wie der Willens- oder der Erklärungstheorie. Ebenso müssen diese Konzepte erst einmal erklären, warum hier typischerweise ein erhöhter Übereilungsschutz gilt. Schließlich fragt sich gerade bei unentgeltlichen Rechtsänderungen, weshalb der Schenkende eigentlich an seinen Willen bzw. an seine Erklärung gebunden sein sollte. „Richard Hyland: Gifts (2009)“ weiterlesen
Catharine MacMillan: Mistakes in Contract Law (2010)
Wann immer Themen behandelt werden, die gerade als modern gelten, ist zu befürchten, dass der wissenschaftliche Ertrag gering und das Ausmaß an Zweitverwertung groß ausfällt. Bestenfalls werden hier altbekannte Argumente neu präsentiert, schlimmstenfalls kulturelle Reichtümer verschüttet und verfälscht. Genau solche Befürchtungen könnte man hegen, nimmt man MacMillans Buch in die Hand. Geht es doch dort um ein solches Modethema, nämlich das, was man heutzutage als Rechtstransplantat oder Rechtsexport bezeichnet. Konkret behandelt die Autorin die Einflüsse Pothiers und Savignys auf die Mistake-Doktrin im Common Law – ein gewisse Irrtümer erfassendes Rechtsinstitut, über dessen genauen Inhalt sich bis heute trefflich streiten lässt. Dass die Lektüre dennoch gleichermaßen spannend wie aufschlussreich ausfällt, liegt vor allem daran, dass sich MacMillan nicht in abstrakt-theoretisierenden Ausführungen verliert. Vielmehr untersucht sie die Übernahme fremder Rechtsvorstellungen „nur“ anhand eines klar umgrenzten Bereichs – dies dafür aber fundiert. „Catharine MacMillan: Mistakes in Contract Law (2010)“ weiterlesen
Wolfgang Kersting: Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags (1996)
So ein Vertrag ist schon eine tolle Sache und gerade unter Wissenschaftlern äußerst beliebt: Nicht nur ist diese Gebilde weit verbreitet – stündlich werden Millionen davon geschlossen. Auch normativ scheint es uns zu beruhigen, wenn wir an andere gerichtete Forderungen nicht etwa auf substanzielle Gesichtspunkte stützen müssen, sondern „nur“ die Zustimmung der jeweils betroffenen Personen. Dies führt dazu, dass bisweilen selbst dort die merkwürdigsten Verträge bemüht werden, wo es der unbefangene Betrachter nicht unbedingt vermuten würde. „Wolfgang Kersting: Die politische Philosophie des Gesellschaftsvertrags (1996)“ weiterlesen
Ernest J. Weinrib: The Idea of Private Law (1995)
Es gehört zu den vielen Besonderheiten des Zivilrechts, sich auf relativ wenige Personen zu beschränken, zwischen die es seine rechtlichen Beziehungen knüpft. Das macht die Angelegenheit überschaubarer, wenngleich auch bisweilen etwas zufällig: Laufen wir eine vereiste Straße entlang und waren sämtliche Anlieger zu faul, ordentlich zu streuen, so haftet uns dennoch nur die eine Person, in deren Verantwortung derjenige Streifen fällt, an dem wir tatsächlich ausrutschen. „Ernest J. Weinrib: The Idea of Private Law (1995)“ weiterlesen
Siegmund Schlossmann: Der Vertrag (1876)
Der erste Literaturhinweis dieses Blogs ist dem Werk eines ganz besonderen Juristen gewidmet. Es gibt wenige Zivilrechtler, deren wissenschaftliche Leistung derart in Widerspruch zu ihrer geringen Bekanntheit steht. Siegmund Schlossmann gehört zu den ganz Großen seiner Zunft und dabei vor allem zu jenen, die gleichermaßen präzise wie eigenständig dachten. „Siegmund Schlossmann: Der Vertrag (1876)“ weiterlesen